Schöne Bilder (unterschiedlicher Art) habe ich mir schon immer gerne angeschaut. Aber dabei habe ich das angeschaut, was mich persönlich sofort interessiert, sowohl stilistisch, als auch thematisch. Die meiste Zeit blieb es dabei aber auch bei einem Kommentar wie "Sieht schön aus" oder eben "Kann ich nichts mit anfangen". Das finde ich grundsätzlich auch vollkommen in Ordnung. Bei vielen "alten" Bildern jedoch verlor ich recht schnell das Interesse an einer eingehenden Betrachtung. Soweit durch auch legitim, aber langsam verstehe ich, was mir immer fehlte.
Durch ein kunstwissenschaftliches Seminar im Rahmen meines Design-Studiums wurde mir bewusst, dass Bilder der "alten Künstler" zwar nicht unbedingt meinem persönlichen Geschmack entsprechen müssen, aber tatsächlich tolle Zeitzeugen sind. Und mit der "Zeit" meine ich nicht nur den gesellschaftlich-politischen Aspekt, wie wir ihn aus dem Geschichtsunterricht kennen. Sondern auch die Konflikte der MalerInnen damals, den sie mit sich selber und/oder der Gesellschaft auszutragen hatten (daher ist in meinen Augen insbesondere der Expressionismus sehr interessant, auch wenn ich mich nicht mit jedem Motiv oder Malstil anfreunden kann).
Anlass für diesen Post ist der Besuch dieses Kurses im Folkwang-Museum in Essen, wo im Rahmen einer Dauerausstellung über 600 Gemälde und über 280 Skulpturen und Objekte zu sehen sind. Ich glaube wirklich, dass die Werke einen dort erst einmal erschlagen können. Soviele Malrichtungen! So viele Künstler! So viele Motive! Und wozu sieht man sich das Ganze nun an? Um sich in "intellektuellem Schweigen" zu üben? Zumindest war das lange Zeit mein Zugang zu "klassischer" Kunst. Trockene Vorträge über Maler und ihre Werke, oder die "pädagogisch-methodische Keule" im Kunstunterricht, bis zum Umfallen van Gogh zu kopieren halfen nicht, mir einen "positiven" Zugang zu erleichtern.
Stattdessen kann ich nur wärmstens empfehlen, eine kleine Führung mitzumachen oder sich einen Audioguide auszuleihen. Wenn man Hintergründe eines Bildes und des Künstlers kennt, ist der Blick darauf ein völlig anderer, versprochen! Und ab diesem Punkt werdet ihr auch alles weitere mit anderen Augen sehen. Mal ganz abgesehen von dieser unterschwelligen Ehrfurcht, die einen überkommt, wenn man vor Originalen aus vergangenen Zeitaltern steht...
Unsere Dozentin gab uns die Aufgabe, uns im Online-Archiv ein Werk auszusuchen, die Hintergründe zu recherchieren (bei mir war es Paul Gauguins "Contes barbares" von 1902) und der Gruppe davon zu erzählen. Und plötzlich stand ich da, erzählte (fast) ohne abzulesen von meinen Ergebnissen, war begeistert und das steckte auch an. Viel lebendiger ist so ein Bild doch gleich. Kann dieses Vorgehen im Übrigen nur empfehlen, wenn man sich mit mehrern Leuten aufmacht! Für meine Recherche brauchte ich nur eine halbe Stunde und hatte schon viel interessantes herausfinden können.
Solltet manch einer unter euch auch eher zu den "Klassik-Muffeln" gehören, dem lege ich meine Tipps in Verbindung mit einem Besuch im Folkwang-Museum ans Herz! An den kompletten Adventswochenenden ist dort übrigens der Eintritt frei, weil die National-Bank den schon dem Museum spendiert hat.
Wie sieht es bei euch aus? Schaut ihr euch solche Ausstellungen überhaupt an? Und wenn ja, seht ihr das eher als " obligatorische Allgemeinbildung" oder als "Erlebnis"?
Ganz klar als Highlight-Erlebnis. Ich liebes es durch Ausstellungen zu gehen. Dabei ist es egal ob es sich um Bilder, Gegenstände, Zeitgeschichte oder sonstiges geht. Besonders in Kunstausstellungen kann ich mich ewig aufhalten. Sie bieten so viel Interpretationsmöglichkeiten. Zu erst betrachte ich das Bild, anschließend lese ich den Text dazu.
AntwortenLöschenLeider gibt es wenige die meine Freude teilen. Gemeinsam macht das Interpretieren, meiner Meinung nach mehr Spaß.
Ja, die Interpretationsmöglichkeiten finde ich auch wirklich toll :) Und auch dem gemeinsamen Interpretieren/Diskutieren kann ich mich nur anschließen, das war ja auch das tolle beim Seminarbesuch... Hätte ich auch gerne öfter so!
Löschenich gehe gern ins Museum, auch wenn ich meistens mit diesen "alten" Künstlern wenig anfangen kann (vor allem wenn man dann 20 Portraits von irgendwelchen Leuten nebeneinander hängen hat.. :D ), sondern mehr die moderne Kunst mag. trotzdem ist es stark, Originale betrachten zu können, gerade wenn man die Pinselstärke, den Duktus und die Farben richtig erkennen kann. das ist so spannend! und einfach kein Vergleich, die Bilder online oder so anzuschauen. und ja, Bilder werden, wenn man Hintergrundinfos dazu bekommen kann, sofort interessanter. meistens muss man sich darum aber (leider :D ) selbst kümmern..
AntwortenLöschenjetzt muss ich nur nach Essen kommen ;)
Das mit den Portraits kann ich vollkommen nachvollziehen :) Kann dir aber den Vergleich von Portraits des 19. Jahrhunderts und früher, gegenüber solchen des frühen 20. Jahrhunderts nur an's Herz legen, sehr spannende Sache!
LöschenZu den großen Künstlern ist die Recherche gar nicht so langwierig, da gibt es superviel online mittlerweile! Klar wäre es schöner, alles direkt vor Ort zu haben, aber wenn man so gaaar keine Lust hat, empfiehlt sich eben der Audioguide für eine etwas individuellere Führung.
Dann vielleicht ein Ruhrpott-Wochenende machen :D
Ein sehr schöner Post! Ich schaue mir sehr gerne Ausstellungen an, aber meist mit recht geringem Hintergrundwissen. Macht mir aber auch nichts, ich schaue mir Bilder auch gerne an, ohne zu wissen, warum und wie sie gemalt wurden. Kunst/Malerei ist etwas, das ich ganz einfach nur schön finde, ohne es zu hinterfragen - anders ist das dann beispielsweise bei Fotografien.
AntwortenLöschenWie wahrscheinlich viele kann ich auch mit diesen "alten Schinken" nicht so viel anfangen - dafür mehr mit abstrakterer Kunst. Oft sind Bilder auch einfach farblich oder gestalterisch wunderbare Inspirationen :)
Danke sehr :D
LöschenFinde es auch vollkommen in Ordnung, sich "einfach so" Ausstellungen anzuschauen. Letztlich hat jeder seine eigene Art und Weise, wie man sich etwas aus einer Ausstellung mitnehmen kann!
Ja, abstrakter liegt mir auch mehr. Umso spannendender finde ich diesen Umbruch, den der Expressionismus bedeutete: Weg vom "Gerlernten" und "Auferlegten", hin zum ehrlichen Ausdruck dessen, wie man ein Motiv empfindet vor dem Hintergrund der eigenen (Künstler-)Persönlichkeit.